Bundesliga Ringen in Lichtenfels – Konstante im Team über die Zeit
Bald ist es so weit. In wenigen Tagen startet mit dem Heimkampf gegen ASV Schorndorf die Bundesligasaison Ringen für den AC Lichtenfels. Der Kader ist vielschichtig, neben einigen einheimischen und ausländischen Neuzugängen ringen in der Stamm-Mannschaft Ringer, die bereits die erste Bundesliga Phase des Vereins 2008-2014 aktiv in der ersten Mannschaft gerungen haben, Eigengewächse, die damals Stück um Stück in die Mannschaft wuchsen und junge Ringer, die in den letzten Jahren ihren Weg zum wieder erstarkten AC Lichtenfels gefunden haben.
Fünf Jahre ist es her, dass die Athleten des AC Lichtenfels in der Bundesliga auf der Matte standen. Seitdem hat sich im Sport, sowie dem Verein einiges verändert. Die Abspaltung der Deutschen Ringer Liga (DRL) vom Deutschen Ringer Bund (DRB) führte zu einer Umstrukturierung der Ligen im Land, die Bestrebung das Niveau der deutschen Ringer zu heben, führte nicht zuletzt zu einem völlig neuen Punktesystem, das den Einsatz der Aktiven reguliert. In Lichtenfels verabschiedete man sich von bekannten Gesichtern, an deren Stelle neue traten. Und auch wenn sich in den letzten Jahren privat einiges veränderte – Tobias Schütz (34) ist Vater geworden, Christof Meixner (31) mittlerweile beruflich nach München gezogen – führen mit den beiden zwei altbekannte Gesichter die Mannschaft.
„Im Vergleich zu damals“ beginnt Christoph Meixner, der mittlerweile in seine 16. Saison geht, habe „sich das Niveau etwas gesteigert“. Das führt er nicht zuletzt darauf zurück, dass einheimische Sportler seit Einführung des Punktesystems einen höheren Stellenwert haben. Weiter kommentiert er auch die strukturelle Änderung, die Situation um DRL und DRB, die es seit seinen letzten Einsätzen in der ersten Liga gab. „Ich würde mir wünschen, dass das irgendwann wieder zusammenläuft und das keinen Keil in eine Randsportart treibt.“
Tobias, der sich als Trainer der Bambinis zusätzlich im Verein engagiert und nach drei Jahren Abstand vom aktiven Geschehen seinem Comeback entgegenfiebert, sieht die Entwicklung des deutschen Ringsports in den letzten Jahren kritisch – gerade aus Sicht des Nachwuchses. Die Jugendlichen der Vereine, die in der DRL aktiv sind, schade der Konflikt beider Verbände. Ohne die Perspektive an den nationalen Meisterschaften und über den DRB an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen, wird ein ohnehin kleiner Randsport zusätzlich geschwächt. Da helfe auch das Punktesystem nur bedingt. Die Absicht, einheimische Ringer zu fördern hin oder her, den Schwachpunkt des Systems sieht er darin, dass Vereine, die keine eigenen einheimischen Ringer haben, gezwungen sind, Deutsche mit geringen Punktzahlen zu verpflichten. „Die sind mittlerweile sau teuer und rufen Preise auf, die einfach nicht in Relation stehen, wie gut die eigentlich sind.“ „Warum ist Burghausen so stark?“ führt er aus, „Sie haben zwei -2er, die international mithalten können, das heißt sie können ihre Mannschaft außen herum bauen und haben immer diese -4 Punkte“.
Um also den Erfolg des AC langfristig zu sichern sind gerade mit der neuen Regelung eigene Ringer elementar. Dabei ist Tobias wichtig, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, nicht ausschließlich der ersten Mannschaft, der ersten Liga Bedeutung beizumessen. „Wir haben viele Kinder, unser Ziel sollte sein, diese Kinder nach und nach dahin zu bringen, dass sie vielleicht irgendwann in die Bundesliga kommen.“ Da die erste Liga allerdings keine ist, um einen „jungen Sportler seine ersten Schritte machen zu lassen“ ist die Reserve von zentraler Bedeutung und darf nicht stiefmütterlich behandelt werden. Mit der gereiften Sicht eines Vaters und Trainers beurteilt er die Lage heute ganzheitlicher. „Ich bin Papa, da sieht man das ganz anders. Ich möchte irgendwann mal, dass mein Kind das gleiche miterlebt, was wir erlebt haben. Das war eine geniale Zeit. Wir verstehen uns immer noch, irgendwie sind wir wie eine Familie“ beschreibt er die Zeit vor seinem Rücktritt und die Beziehung zu seinen Mannschaftskollegen.
Sein langjähriger Teamkamerad Christoph war auch in den letzten Jahren durchgehend Kern der Mannschaft. „Ich habe den Aufstieg damals, den Rückzug mitgemacht, jetzt haben wir uns wieder hoch gekämpft mit unseren eigenen Jungs“. Dabei hat sich sein Fokus im Laufe der Jahre verändert. Als junger Ringer sei man „viel mehr auf sich fokussiert“, heute, mittlerweile Team-Kapitän, sieht er die Dinge mehr aus Vereinssicht. Um das Team zusammen zu halten, sei es für eine Mannschaft wichtig, „dass man 1-2 Konstanten hat“, eine Rolle, die er sich in Zukunft auch für etablierte Mannschaftskollegen wie „Christian, Johannes, Domi und Alex“ erhofft. Nicht selten brechen Vereine auseinander, wenn eine Generation Jugendlicher dem Sport den Rücken kehrt. Mit seinem Vorbild sich „in den Dienst der Mannschaft zu stellen, so lang es geht“ will er ein Zeichen setzen. „Auch wenn der Weg in die Bundesliga sehr steinig ist, aber ich gehe ihn mit und möchte auf jeden Fall, dass wir das hier sportlich lösen. Wenn wir die Liga halten, halten wir sie und wenn es nicht sein soll, dann müssen wir auch den Weg wieder gehen“ bezieht er klar Stellung gegen einen möglichen Rückzug der Mannschaft. Schließlich gebe es „auch in einer Mannschaft eine Verantwortung“.
Die kommende Saison geht er locker an. „Ich weiß, dass wir in der Vorbereitung gut Gas gegeben haben“ was dann letztlich dabei rauskommt, bleibt abzuwarten, auch ob die Ringer „auf lange Sicht gesehen die Bundesliga halten können und wollen“ soll sich zeigen. Die Mannschaft jedenfalls sieht er als konkurrenzfähig und betont „Wir können frei aufringen, wir haben nicht den Druck die Playoffs erreichen zu müssen, wenn man sich das vor jedem Kampf ins Gedächtnis ruft, dass für jeden Kampf 100% geben kann“ sei vieles möglich. Darin sieht Christoph sein Ziel für die Saison 2019. Persönlich kennt er manche seiner Gegner, hat früher in der Liga oder auf den Deutschen Meisterschaften bereits gegen sie gerungen und hofft, dass er sich „mit den besten Deutschlands messen kann“ und auch hinsichtlich der internationalen Konkurrenz will er „den ein oder anderen besiegen“.
Tobias möchte keine klare Aussage über seine anstehenden Wochen treffen. „Ich muss das realistisch sehen, die Leute, gegen die ich ringe, das sind alles internationale und nationale Spitzenleute.“ Doch die Vorbereitung lief glatt. „Ich habe gut trainiert, ich habe alles gegeben, was ich geben konnte und wenn ich 100% gebe, schauen wir was dabei rauskommt“. Fürs Team blickt er optimistisch in die Zukunft. „Ich glaube wir können mit unserer Mannschaft schon viel erreichen. Ich habe in den letzten Jahren viel erlebt. Ich habe gesehen, dass Weltmeister auf Schulter verloren haben und so ein Kampf eine komplette Dynamik in der Mannschaft entwickelt“. Wenn es gelingt – und davon geht er aus – dass das Team fest zusammensteht und es gelingt „einen guten Spirit im Team“ zu bewahren, ist für den AC vieles möglich.
„Es ist natürlich so, Mannschaften wie Heilbronn, Burghausen, mit denen brauchen wir uns nicht zu messen“, das steht für ihn jedoch auch nicht an oberster Stelle. „Ich persönlich will einfach nur sehen, dass die Ringer, die vor und nach mir kommen alles gegeben haben. Dann stehe ich in der Verantwortung alles zu geben.“
Was es bedeutet (wieder) erste Liga zu ringen wissen beide. Und beide haben eine strapaziöse Vorbereitung hinter sich, Christoph stellt allerdings klar, „ich bereite mich jede Saison gleich vor und versuche das Beste heraus zu holen“, speziell auf die anstehende Bundesliga hat er sich nicht vorbereitet, die letzten Jahre nahm er ebenso ernst. Seine Arbeit in München erschwerte ihm allerdings die Vorbereitung. “Zum Training vorbei zu kommen ist mir persönlich wichtig, aber auch das ist sehr schwer, unter der Woche ist das so wie so fast unmöglich“. So beschränkt sich die Zeit auf der Lichtenfelser Matte auf die Ferien oder das Wochenende und ist durch die regelmäßig zu überwindende Distanz noch zeitintensiver. Das nimmt er gerne in Kauf, was er tut, macht ihm Spaß, aber „man muss sich als Außenstehender auch bewusst sein, dass für uns Jungs der Aufwand sehr groß ist“.
Da stimmt ihm Tobias zu „viele sehen immer nur die 6 Minuten am Wochenende, sehen nicht, was dahinter ist.“ Auch er liebt den Sport, liebt es, an sich zu arbeiten. Dennoch sind es Entbehrungen, die damit einher gehen. Dreimal die Woche Mattentraining, dazu Krafttraining, und ein Tag für die Liebsten. Das bedarf genauer Planung und der Unterstützung der Familie – „sonst funktioniert es nicht“. Mit dem entsprechenden Rückhalt ist es „irgendwie möglich, es ist immer irgendwie möglich, man muss es nur wollen.“ Entscheidend ist allerdings „Disziplin.“
Text: Darius Mayek / Bilder: Gunther Czepera