Die Lichtenfelser Verantwortlichen sorgen für Gewissheit. Die Ringer-Fans müssen sich noch ein Jahr gedulden.
„Sicher wird es nicht allen gefallen“ nimmt Britta Beier, Vorsitzende des AC Lichtenfels vorweg. Nach monatelanger Ungewissheit steht seit dem Wochenende fest: Am Obermain wird es diesen Herbst erstmals seit Jahrzenten kein Ringen geben. „Die Gründe sind vielzählig“ führt sie die Entscheidung aus, die nach reifer Überlegung und unzähligen, erwogenen Szenarien die einzig richtige schien. Ein jedes Thema für sich genommen hätte nicht gereicht, den Liegenbetrieb in diesem Jahr auszusetzen, in Summe muss sich der AC jedoch den Umständen fügen.
Zu viele Fragen unbeantwortet
Bereits vor einigen Wochen äußerte sich der Lichtenfelser Traditionsverein zur aktuellen Situation. Umfassende Hygiene und Abstandsgebote, die die Ausrichtung von Kämpfen in der eigenen Halle erheblich erschweren, sowie die Unsicherheit, was die Kaderplanung und die Sicherung der Gesundheit der Aktiven angeht, werfen nach wie vor Fragen auf, die bisher nicht hinreichend beantwortet werden konnten. Hinzu kommt – auch im Hinblick auf zuletzt wieder steigende Infektionszahlen – die gesellschaftliche Verantwortung den Aktiven, den Zuschauern und den Sponsoren gegenüber. All das führte letztlich zum Votum gegen eine Teilnahme an der Bundesligarunde 2020. Ein Szenario, das Anfang des Jahres noch unvorstellbar schien.
Als im April mit Nordrhein-Westfalen der erste Landesverband seine Liga absagte, schien das noch ein verfrühter Beschluss zu sein. Nachdem die Pandemie in den nächsten Monaten jedoch immer weiter um sich griff und neben der Deutschen Ringer Liga auch unter dem Deutschen Ringerbund ein Verband nach dem anderen die Mannschaftskämpfe im aktuellen Jahr absagte, mussten sich bald auch die übrigen Vereine mit dieser Option befassen. Bayern und der DRB hielten sich lange zurück, wollten lange sehen, wie sich die Situation entwickelt, ehe eine definitive Entscheidung getroffen werden sollte. Schließlich wurde es den Vereinen überlassen, für die kommende Saison Mannschaften zu melden, oder in diesem Jahr zu pausieren, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Planungssicherheit musste her
„Keiner hat sich die Entscheidung leicht gemacht“ beteuert die Verantwortliche des AC, die sich auch möglicher kritischer Stimmen aus der Korbstadt bewusst ist. „Natürlich wollen wir ringen. Schließlich sind wir ein Ringerverein“, doch rund zwei Monate vor dem geplanten Beginn der Saisonkämpfe musste endlich Planungssicherheit her. Auch jetzt noch hängt die Durchführung einer regulären Saison von zu vielen Unbekannten ab, zum aktuellen Zeitpunkt ist es in Bayern nicht einmal möglich, Wettkämpfe in Kontaktsportarten auszurichten. Eine Teilnahme unter Vorbehalt, wie sie andere Vereine durchgesetzt haben und dann auf bessere Umstände zu hoffen, war für den AC Lichtenfels keine Option, trotz der Verantwortung, die der man als Bundesligist und eines der Aushängeschilder des deutschen Ringsports hat. Um dieser Verantwortung in diesem Jahr dennoch gerecht zu werden, sprach sich der AC für eine besser umsetzbare Liga-Alternative aus. Hätten sich nicht genügend Vereine für eine reguläre Runde gefunden, stand die Idee eines Mannschaftsturnieres im Raum, welches man sich in Lichtenfels hätte vorstellen können. Seit dem Wochenende ist allerdings klar: Von den ursprünglichen 26 Erstligavereinen wollen 17 Mannschaften (teils unter Vorbehalt) antreten. Genug, um eine Liga stattfinden zu lassen. Dass es doch so viele Mannschaften sind, die antreten wollen, „ist überraschend“, so Beier. Welche Faktoren die anderen Vereine zu dieser Entscheidung bewegten, wissen wohl nur sie selbst.
In Lichtenfels jedenfalls habe man „lange darauf hingearbeitet, da hinzukommen, wo man mit dem Verein jetzt steht“. Trotz einer sportlich ernüchternden Rückkehr ins Oberhaus des Ringens im Vorjahr steht der AC gut da. Auf der Matte konnte man sich mit vielen eigenen Ringern zurück in die erste Liga arbeiten und sich dort mit dieser Kernmannschaft in Schlagdistanz halten, abseits der Matte hat nicht zuletzt das neue Sponsoring- und Werbekonzept zu einer guten finanziellen Situation beigetragen. Eine Position, die man in derart unsicheren Zeiten nicht leichtfertig verspielen darf. Weder durch unwirtschaftliches Agieren noch durch negative Publicity, sollte ein Corona-Ausbruch den Verein, den Sport oder die Stadt in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.
Kein Start in der Landesliga
Dieselben Überlegungen führten auch zur Entscheidung, in der Landesliga nicht anzutreten. Die Probleme und die Ungewissheit, mit der sich der Verein konfrontiert sieht, sind größtenteils unabhängig von der Liga, in der letztlich gerungen wird. Gerade vor dem Hintergrund der geringeren öffentlichen Aufmerksamkeit und der kleineren wirtschaftlichen Bedeutung, die die Saison für die Mannschaften in den unteren Ligen hat, war es wenig überraschend, dass die Abstimmung des Bayerischen Ringerbundes auch insgesamt zurückhaltender ausfiel, als die der Bundesliga. Lediglich ein knappes Drittel der Mannschaften hatten sich für eine Saison ausgesprochen.
So wie es aussieht, müssen also sowohl Zuschauer als auch Aktive des AC Lichtenfels noch ein wenig auf die nächsten Einsätze warten. Zeit in der im Training, sowie hinter den Kulissen darauf hingearbeitet wird, sich im Jubiläumsjahr 2021 in der Bundesliga mit einem Paukenschlag zurück zu melden.
Gastringer erlaubt
Florian Geiger, Vizepräsident Bundesliga vom Deutschen Ringerbund vermeldete gestern live in der Sendung von Browrestling.tv, dass es in dieser „Corona-Saison“ eine Art „Leihringer“ geben wird. Durch die 9 Nichtmeldungen der Vereine ist noch ein großer Pool an Ringern, vor allem auch deutschen Kaderathleten frei geworden, welche noch auf der Suche nach einem Leihverein sind. Der Ringer wird nach wie vor bei dem abgegebenen Verein seine Startberechtigung haben, kann aber insofern der Sportler in diesem Jahr noch auf die Matte will sich zu einem anderen Verein ausleihen lassen. Somit wird sich auch in dieser Hinsicht die nächsten Tage noch einiges Bewegen in Ringerdeutschland.
Die Bundesliga-Saison 2020
17 Mannschaften haben bis zum 30. Juli in der vom Deutschen Ringer-Bund (DRB) organisierten Bundesliga ihre Teilnahme für die Saison 2020 zugesagt. Nicht dabei sind neun Klubs. Abgesagt haben der AC Lichtenfels, der TuS Adelhausen, die RG Hausen Zell, die Red Devils aus Heilbronn, die RC Düren-Merken, der SRC Viernheim, der RSV Rotation Greiz, der FC Erzgebirge Aue und der RV Lübtheen.
Saisonstart soll am 3. Oktober sein. In drei Vorrundengruppen werden die Endrundenteilnehmer ermittelt, die dann in K.o.-Runden das Viertel- und Halbfinale bestreiten sowie im Finale am 31. Januar und 6. Februar den deutschen Mannschaftsmeister auskämpfen. In der Südost-Staffel starten: AV Germania Markneukirchen, SV Wacker Burghausen, SV Johannis Nürnberg, ASV Schorndorf, SC Siegfried Kleinostheim, KSC Hösbach In die Südwest-Gruppe treten an: RKG Freiburg, ASV Urloffen, KV 03 Riegelsberg, KSV Köllerbach, ASV Hüttigweiler, RKG Reilingen-Hochkenheim. Die Nordwest-Staffel bestreiten: KSV Witten, KSK Konkordia Neuss, ASV Nackenheim, Wrestling Tigers Untere Nahe, ASV Mainz
Text: Darius Mayek
Bilder: Gunther Czepera