Bundesliga Ringen in Lichtenfels – Von der Reserve zum Stammringer
Bald ist es so weit. In wenigen Tagen startet mit dem Heimkampf gegen ASV Schorndorf die Bundesligasaison Ringen für den AC Lichtenfels. Der Kader ist vielschichtig, neben einigen einheimischen und ausländischen Neuzugängen ringen in der Stamm-Mannschaft Ringer, die bereits die erste Bundesliga Phase des Vereins 2008-2014 aktiv in der ersten Mannschaft gerungen haben, Eigengewächse, die damals Stück um Stück in die Mannschaft wuchsen und junge Ringer, die in den letzten Jahren ihren Weg zum wieder erstarkten AC Lichtenfels gefunden haben.
Als Söhne von Petra und Jürgen Lurz – beide über Jahre hinweg das Rückgrat des KSV Bambergs und als Vorstand und Trainer rund um die Uhr mit Ringen beschäftigt – war der Weg auf die Matte für Christian (26) und Johannes Lurz (24) vorgezeichnet. Obwohl die Familie bis 2018 fest im Bamberger Ringen verankert war, zog die Perspektive in einer aussichtsreichen Männermannschaft die beiden schon früh nach Lichtenfels. Dort wuchsen die Brüder schnell in die zweite Mannschaft, die damals zu den Athleten der Bundesligamannschaft, dem Aushängeschild des AC, aufschaute. Mittlerweile zu Stammringern geworden, hielten sie dem ACL auch beim Rückzug aus der Bundesliga die Stange und wurden von Ringern der Reserve zu einem festen Teil der ersten Mannschaft. Als Herzstück des Teams errangen sie voriges Jahr den Meistertitel in der Oberliga und stehen damit eben da, wohin sie früher aufblickten. Der Bundesliga.„Damals, wie heute auch, stand für mich die Mannschaft im Vordergrund.“ Für diese stand Johannes bereits in jungen Jahren in der Bundesliga auf der Matte, wenn nötig. „Als Leichtgewicht in 55kg, als Jugendlicher, war natürlich nicht viel zu holen in der Bundesliga, weshalb ich mich eher als Aushilfe gesehen habe.“ Dennoch bewertet er die Einsätze als „Wahnsinns-Erfahrung, die ich nicht vergessen werde und durch die ich gewachsen und so zu einem festen Bestandteil der zweiten Mannschaft – auch später in den höheren Gewichtsklasse – geworden bin.“
Ganz ähnlich ging es auch seinem Bruder. „Damals war die Rolle in der ersten Mannschaft nicht mehr, als die eines Lückenfüllers“ erzählt Christian über seine damalige Position. „Durch taktische Mannschaftsaufstellungen durften wir ringen,aber die Bundesliga war schlichtweg zu groß für uns.“ Nichtsdestotrotz waren die Ausflüge in die erste Mannschaft aber„auch ganz interessant, weil man voll Ehrfurcht mit den Idolen zusammen ringen durfte“. Dass er nun selbst die Position seiner einstigen Idole einnimmt, hat Christian „garnicht so mitbekommen“. Der Weg dorthin ging „Schritt für Schritt, jedes Mal mit neuen Herausforderungen. Wir waren in der Bayernliga und wollten unbedingt Meister der Bayernliga werden. Als das geschafft war, kamen wir in die Oberliga. Dann sind wir Oberligameister geworden. So hatten wir jedes Jahr ein kleines Ziel vor Augen, und jetzt sind wir auf einmal in der Bundesliga. Wirklich realisiert ist das noch nicht.“ Ob realisiert oder nicht, die Herangehensweise bleibt auch in dieser Saison dieselbe, das anstehende Bundesligajahr „ist jetzt die nächste Herausforderung, an die man sich gewöhnen muss, und die man angeht.“„Es ist natürlich ein super Gefühl, zu wissen, dass man seit der Landesliga Bestandteil der Mannschaft war und bei jedem Aufstieg, bis hin in die höchste Liga Deutschlands, unterstützen konnte“ fasst Johannes die Zeit seit Rückzug der ersten Mannschaft zusammen. In bester Erinnerung hat er dabei „die Saison in der Bayernliga, als damals Tobi Schütz wieder angefangen hat“. Darauf angesprochen, dass er nun da steht, wo vor einigen Jahren seine Idole standen, merkt er an: „Seit damals hat sich einiges geändert, zum Beispiel die Ligenstruktur. So kommt mir der Aufstieg im Moment noch eher wie ein Aufstieg in eine zweite Liga vor“. Eine Liga, die es seit Spaltung des Deutschen Ringer Bundes und einigen Vereinen, die sich als Deutsche Ringer Liga eigenständig formierten, nicht mehr gibt. Diese zweite Liga wäre ein Zwischenschritt vor der Bundesliga, der Johannes „irgendwie fehlt“.Nach der Oberliga, ohne zweite Liga, direkt auf der größten nationalen Bühne zu starten, sehen beide als große Herausforderung.„Wir kämpfen ganz klar gegen den Abstieg“ schätzt Christian die neue Saison ein.Er selbst steckt sich dabei das Ziel „die Kämpfe so eng wie möglich zu halten und ein/zwei Kämpfe gewinnen“ und fügt grinsend hinzu: „Wenn’s mehr werden, habe ich nichts dagegen.“ Als Stärke des AC sieht er die „fest zusammengewachsene Mannschaft, die alles geben wird“. „Dann sehen wir was dabei raus kommt.“ Johannes ist in da gleicher Meinung. Auch für ihn gilt als „oberstes Ziel den Klassenerhalt in der Bundesliga.“ Trotz der hochkarätigen Verstärkung, mit der andere Vereine in die neue Saison gehen, geht er davon aus, „dass es schlagbare Mannschaften gibt“. „Platz 6 wäre für mich ein realistisches Saisonziel, wenn es eine glatte und verletzungsfreie Saison, was ich natürlich hoffe, wird.“ Persönlich will er in der kommenden Runde „so viele Kämpfe wie möglich gewinnen und gegen Spitzenringer eine gute Leistung zeigen.“ Dabei behält er aber das große Ganze im Blick und erhofft sich bei den Kämpfen ebenso „eine Megastimmung, viele Zuschauer und einfach eine super Saison mit gutem Ausgang für den ACL.“
Bis es so weit ist, bis es wieder wöchentlich um die Punkte in der Tabelle geht, ist schon das ganze Jahr über ein großes Stück Arbeit geleistet worden. Das hohe Trainingspensum und die Pflichten des Alltags zu verbinden ist „nicht so einfach“ erzählt Johannes. Neben Masterstudium und Arbeit kostet auch die kleine Firma „BroBier UG“, die Johannes vor einigen Jahren mit seinem besten Freund gegründet hat, Zeit. „Ich versuche regelmäßig in die Trainingseinheiten zu kommen“ berichtet er, räumt aber auch ein, dass ab und an auch mal spontan umgeplant werden oder eine Einheit ausfallen muss, wenn der Arbeitstag länger als gedacht wird. Diese gleicht er „mit Mattentraining Samstagmorgen oder durchJoggen aus.“
Auch Christians Alltag wird vom Training bestimmt. „Mein Tagesablauf sieht oft soaus, dass ich um 6:30 Uhr aus dem Haus gehe, nach Arbeit um 17/18:00 Uhr gehe ich zum Training und komme 21:30/22:00 Uhr nach Hause“ beschreibt Christian typische Trainingstage, von denen es wöchentlich mindestens drei gibt. Auch wenn das Training eine „große Belastung“ darstellt, „den Gegnern geht es nicht anders“. Um diesem Druck stand zu halten, bedarf es der Unterstützung von außen. Neben einem privaten und beruflichen Umfeld, das den Rücken stärkt, ist Christian auch seiner Partnerin dankbar, die ihn, auch wenn er vom Gewicht machen schlechte Laune hat, „unterstützt und Verständnis hat“
Text: Darius Mayek / Bilder: Gunther Czepera